Eine Woche tägliches Meditieren – Verschnaufpause oder Lebenswandel?
Kaum werde ich wach, da beginnt auch schon das Gedankenkarussell: Hab ich verschlafen? Hab ich heute frei? Was muss ich heute alles erledigen? Uni, Arbeiten, Einkaufen, Sport, nach Jobs umsehen … oh und die Masterarbeit sollte ich vielleicht auch mal angehen. Puh! Wie gern würde ich hier einfach mal die Pausetaste klicken. Aber ist das in der heutigen von Zukunftsängsten geplagten Gesellschaft überhaupt noch machbar? – In der wegen dem Überfluss von Möglichkeiten und dem ständigen Vergleich mit anderen selbst die Quarterlife-Crisis bereits ein gestandener Begriff ist? Tägliches Meditieren soll Abhilfe schaffen
Ich habe schon hin und wieder Meditation oder Traumreisen genutzt, um in sehr stressigen Phasen einfach mal zur Ruhe zu kommen und durchatmen zu können. Tägliches Meditieren soll aber viel größere Auswirkungen haben: So werden Meditationsübungen bei Angststörungen, Depressionen, zur Suchtbekämpfung und sogar zum Abnehmen eingesetzt. Ich will wissen, was Meditation wirklich bewirken kann. Gerade in der aktuell unsicheren Zeit aufgrund der Covid-19-Pandemie fühle ich mich verloren: Meine Pläne ab Oktober nach meinem Studium für ein halbes Jahr in Dubai zu arbeiten sind aufgrund der weltweiten Krise erstmal ins Wasser gefallen, Reisen kommt natürlich auch nicht wirklich infrage. Ich bin enttäuscht, wütend und fühle mich meiner Freiheit, die man in den letzten Zügen seines Studiums eigentlich haben sollte, beraubt. Innere Unruhe macht sich breit und die anfängliche Euphorie des Produktivitätswahnsinns in Form von Fitnessplan und Frühjahrsputz sind der Antriebslosigkeit gewichen. Hallo Corona-Depression…
Mein Sieben-Tage-Meditationsplan für mehr Gelassenheit
Damit soll jetzt Schluss sein, denn ich habe ein Ziel: Ich will wieder ausgeglichener, glücklicher und vor allem produktiver sein. Mein Plan sieht eine feste Routine vor, um tägliches Meditieren zu einer festen Gewohnheit werden zu lassen. Am besten lassen sich jeweils eine Session am Morgen und eine am Abend in den Tagesablauf integrieren. Zwischendurch baue ich dann spontan die ein oder andere Meditationsübung für den Alltag ein.
Tägliches Meditieren am Morgen
Meine Meditationswoche beginnt mit einem freien Tag, heißt aktuell: keine feste Struktur und meist produktivitätstechnisch ein verlorener Tag. Das soll sich heute ändern, zumindest was die Struktur angeht, denn ich starte den Morgen mit einer kurzen, siebenminütigen Meditation. Anstatt des morgendlichen Social-Media-Checks wird heute also erstmal durchgeatmet. Ich sitze aufrecht im Schneidersitz auf meinem Bett, schließe die Augen und lege meine Hände ganz entspannt auf meinen Beinen ab. Tief ein- und ausatmen, nur auf den Atem achten und aufkommende Gedanken einfach nicht beachten. Sie ziehen als kleine Wölkchen vor meinem inneren Auge vorbei. Wie geht es mir? Habe ich gut geschlafen? Wo spüre ich Verspannungen?
Der Fokus liegt voll und ganz auf meinem Körper, alles andere ist völlig ausgeblendet. Mit dem tiefen Einatmen stelle ich mir vor, wie ein Energieschub durch meinen ganzen Körper fließt, mit dem Ausatmen fällt alle Anspannung von mir ab. Zeit für das tägliche Morgenmantra: „Ich bin gelassen.“ Noch ein tiefer Atemzug und ich öffne meine Augen, schaue mich langsam in meinem Zimmer um und komme mit Geist und Körper wieder vollkommen an.
Anfangs halte ich noch an dem ein oder anderen Gedanken fest, doch nach und nach kann ich immer besser loslassen und fühle mich irgendwie leichter. Nach der Morgenmeditation wirkt mein Kopf gleich viel klarer und ich blicke dem Tag mit einem Lächeln entgegen. So kann es weitergehen! Über den Tag kann ich dieses Gefühl tatsächlich immer wieder abrufen: Workoverload auf der Arbeit? Doch wieder Überstunden schieben? Wann fängst du endlich mal mit der Masterarbeit an?! Stopp! Ich bin doch heute gelassen. Und schon huscht ein Schmunzeln über mein Gesicht und ein warmes Gefühl macht sich in meinem Körper breit: Ja, lachen wirkt Wunder!
Tägliches Meditieren am Abend
Am Abend beschäftige ich mich nochmal gezielt mit dem Tag, um einen Schlussstrich ziehen zu können. Einmal Bilanz ziehen und ab in die Traumwelt – so der Plan. Ich notiere entweder mein Tagesresumée in einem Glückstagebuch oder gehe alles gedanklich einmal durch: Wie war mein Tag? Wofür bin ich dankbar? Was lief nicht so gut? Was hat mich glücklich gemacht? Ich stelle fest, dass ein vermeintlich schlechter Tag vielleicht doch gar nicht so schlimm war. Wir Menschen sind eben natürlich veranlagte Drama Queens. Wir merken uns immer nur die negativen Schlagzeilen, auch wenn das nur einen Wimpernschlag des Tages ausgemacht hat.
Nach der Arbeit kommt dann das eigentliche Schlafvergnügen. Ich gönne meinen Gedanken die Traumreisen, die mir dieses Jahr wohl erstmal verwehrt bleiben. Mal liege ich am Strand und mal bin ich auf einer grünen Wiese in den Bergen. Dass das tatsächlich Auswirkungen auf meinen Schlaf hat, merke ich bereits am zweiten Tag. Wovon habe ich letzte Nacht nämlich geträumt? Von einem Tag in Italien mit der Familie … und zwar am Meer!
Fazit nach sieben Tagen Meditationsroutine
So, jetzt mal Margarine bei den Tofu: Was hat mir der einwöchige Corona-Urlaub zur inneren Mitte wirklich gebracht? Ganz ehrlich – eine Menge! Meine zwei festen Tagesanker haben mir wieder mehr Routine gegeben, was wiederum mein Produktivitätslevel in die Höhe schießen ließ. Schon am zweiten Tag war ich deutlich fokussierter. Mein Arbeitspensum habe ich viel schneller als sonst gemeistert – Belohnung: eine Stunde früher Feierabend – Yippieh!
Der dritte Tag hat mich dann absolut begeistert: Nachdem ich zwei Tage zuvor noch einen krassen Leistungseinbruch in meinem Training hatte und nach nur zwei Kilometern den Lauf abbrechen musste, habe ich an diesem Tag schon fast mein Ziel für den Sommer geknackt: In einer Stunde zehn Kilometer laufen – letztendlich haben nur fünfhundert Meter gefehlt. Motivierter denn je zuvor setze ich die Woche fort und siehe da: Mein eigener Blog entsteht, ich gehe die Sache mit der Masterarbeit etwas entspannter an und kann einen Becher Lillet in (virtueller) Freundesrunde wieder ohne schlechtes Gewissen genießen.
Insgesamt fühle ich mich ausgeglichener und befreiter. Auch wenn ich nie Schlafstörungen hatte, wache ich morgens spürbar erholter und frischer auf. Das Gedankenkarussell hat sich eher zu einem Gedankennetz gesponnen, bei dem man weder die Orientierung noch seine Schwindelfreiheit verliert. Die positiven Gedankenstränge haben sich mehr und mehr miteinander verbunden und die negativen von ihren Verknüpfungen gelöst. Optimistische und vor allem kreative Energien machen sich wieder in meinem Kopf breit.
Fazit? Meditation ist ab jetzt mein Ding!